Isolation Berlin: Geheimnis – Albumreview

Isolation Berlin by Noel Richter

Mit originellen Songs changieren Isolation Berlin auf ihrem dritten Album zwischen Geheimnissen, Depressionen und Wahn

Die beiden ersten, auch bei Sounds & Books besprochenen Isolation-Berlin-Alben „Und aus den Wolken tropft die Zeit“ (2016) sowie „Vergifte dich“ (2018) legten die Messlatte enorm hoch. Ihr Zweitwerk zierte gar die Spitzenposition in meinem Top-Alben des Jahres, höher geht also hier nicht mehr wirklich. Umso spannender die Frage, inwieweit das Berliner Quartett seine Position zwischen Element-Of-Crime-Charme und aufgekratzter Indie-Rock-Attitüde verteidigt, ausbaut oder variiert. Von allem etwas, muss man attestieren.

Isolation Berlin haben Geheimnisse und verraten viel

Isolation Berlin Geheimnis Cover Staatsakt

Sänger und Texter Tobias Bamborschke, Gitarrist und Keyboarder Max Bauer, Bassist David Specht und Schlagzeuger Simeon Cöster nennen ihr drittes Album „Geheimnis“, verraten manchmal wenig und manchmal doch so viel. Die beiden vorab ausgekoppelten und von Sounds & Books als Songs des Tages vorgestellten „(Ich will so sein wie) Nina Hagen“ und „Ich hasse Fußballspielen“ kommen aus der Deckung, lüften vermeintliche Geheimnisse, während Bamborschke im Titelsong sein Geheimnis nur mantraartig andeutet und nicht konkretisiert. Aber so viel ist klar: Wenn sein größter Feind sein Gehirn ist, dann sind Depressionen nicht weit weg. Die in „Ich ziehe mich zurück“ ziemlich eindeutig beschrieben werden („Ich ziehe mich zurück / Stück für Stück / In mein Schneckenhaus“). Im Titeltrack verorten sich Isolation Berlin im NDW-Post-Punk, in „Ich ziehe mich zurück“ im verträumt-melancholisch-tänzelnden Indie-Pop.

Eine Stimme im Kopf

Bamborschke räumt ein, „Private Probleme“ zu haben, über sie reden möchte er aber nicht – ein Kontrapart in Zeiten, in denen so viele die sogenannten sozialen Medien für das Ausbreiten ihrer Probleme nutzen. Tobias Bamborschke verfällt dann eher in den Wahn in „Stimme Kopf“ und singt gespenstisch „Von einem der hier sitzt und Bleistifte spitzt“. Ersteres infernalisch und expressiv, Letzteres düster und hypnotisch. Vielleicht fehlt dem Album ein so hyperventilierender Indie-Feger wie „Kicks“, und wahrscheinlich reicht es nicht, um erneut auf Platz 1 meiner Endjahrescharts zu stürmen. Aber Isolation Berlin zeigen immer noch Ecken und Kanten und loten ihren eigenen Kosmos nach Entwicklungspotential aus. Halten somit das Interesse an ihrer Kunst hoch, und langweilig wird es hier nie.

„Geheimnis“ von Isolation Berlin erscheint am 08.10.2021 bei Staatsakt. (Beitragsbild von Noel Richter)

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